Friedensgespräch 2024

02. Oktober 2024

Rückblick auf das 32. Vaterstettener Friedensgespräch

Ein bis auf den letzten Platz gefüllter Saal im offenen Haus der AWO in Vaterstetten und gespannte Aufmerksamkeit bei den Vorträgen zu einem brisanten und leider hochaktuellen Thema. Der SPD-Ortsverein hatte zum 32. Friedensgespräch unter der Überschrift Israel und Palästina - Ist ein dauerhafter Frieden möglich? eingeladen und über 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger wollten sich informieren und mitdiskutieren.

Nach der Begrüßung von Klaus Spagl, 2. Vorsitzender des Ortsvereins, erinnerte Bruno Wirnitzer, Moderator des Abends, bei der thematischen Einführung nochmals an den menschenverachtenden Überfall der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel mit der Ermordung und Geiselnahme unzähliger unschuldiger Menschen und die darauf folgende brutale militärische Antwort der israelischen Armee im Gazastreifen. Vorher beantwortete er aber die Frage, weshalb es denn schon seit über 30 Jahren diese Friedensgespräche in Vaterstetten, gibt: „Wir können mit unseren Veranstaltungen auf örtlicher Ebene sicher keine übergeordnete Politik verändern, wollen aber dazu beitragen, dass unsere Gäste fundierte Sachinformationen erhalten und ihre persönlichen Anschauungen in einem moderierten Dialog austauschen und vielleicht neu einordnen können. Dafür stehen nicht zuletzt unsere herausragenden Referenten, die wir auch dieses Jahr mit Dr. Jan Busse, Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität der Bundeswehr und Prof. Dr. Sebastian Wimmer, von der Kulturwissenschaftlichen und Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU gewinnen konnten.

Dabei war uns gleichermaßen wichtig, dass beide Referenten nicht nur über eine detaillierte Sachkenntnis, sondern auch über viele persönliche Kontakte nach Israel und zu Betroffenen auf beiden Seiten haben.

Suez-Krieg, Jom-Kippur, Intifada, erster Libanon-Krieg - Dr. Busse ging in einer beeindruckenden Präsentation auf die von Konflikten und Kriegen geprägten Geschichte Israels ein. Er ließ dabei nicht außer acht, dass es immer wieder Versuche seit der Staatsgründung 1948 gab, einen dauerhaften Frieden für die Menschen in Israel und Palästina zu erreichen. Bei einer Analyse der Konfliktursachen zeigen sich die unterschiedlichen Dimensionen: regional-territoriale, ethnologisch-nationalistische und sicher auch religiöse, insbesondere mit dem jeweiligen Anspruch auf Jerusalem und den Tempelberg.

Der Religionsforscher Wimmer unterstrich in seinem Vortrag, dass die unterschiedlichen Religionen nicht hauptursächlich für die Kriege sind, sondern wie häufig im Weltgeschehen für politisches Machtstreben missbraucht würden. Der anhaltende Konflikt zwischen Israel und der Hamas verstärkt oder führt auch in der deutschen Gesellschaft zu Auseinandersetzungen. Gekennzeichnet von einem sich ausbreitenden Antisemitismus, bei dem israelische Politik und Judentum häufig gleichgesetzt wird aber genauso eine wachsende Islamfeindschaft. Dabei würden beide Seiten kaum noch bereit sein, miteinander zu reden. Prof. Wimmer möchte hier vermitteln und hat verschiedene Initiativen in München gegründet, um einen Dialog zu ermöglichen.

Von Jan Busse mit "zum jetzigen Zeitpunkt eher nein" beantwortet wurde die Frage nach der bestimmenden Rolle von Netanjahu und ob es denn eine relevante also mehrheitsfähige politische Opposition in Israel gäbe, die bspw. eine Zweistaatenregelung unterstützt. Eine Lösung wäre auch deshalb so kompliziert, so Busse, weil es nirgends auf der Welt einen Konflikt gibt, bei dem zwei Völker ein komplettes Staatsgebiet allein für sich beanspruchen und die Existenzberechtigung des anderen in Abrede stellen.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung gab es viele Fragen und differenzierte Statements aus dem Publikum u.a. zum politischen Machtgefüge in Palästina und im Libanon, zur sog. Staatsräson Deutschlands gegenüber Israel, der iranischen Einflussnahme oder der Verantwortung der Großmächte und der UNO. Mehrere Besucher beklagten die katastrophale humanitäre Situation in Gaza, oder dass es diplomatische Wege gegeben hätte, um alle Geiseln freizubekommen, diese aber leider nicht genutzt wurden.

Ob es in absehbarer Zeit zu einem Waffenstillstand kommen wird und es damit die Chance für eine dauerhafte Friedenslösung gibt oder im Gegenteil der Konflikt weiter eskaliert, wollte Wirnitzer zum Abschluss wissen. Dies konnten und wollten die Experten nicht voraussagen, einig waren sie sich aber, dass der Druck von außen erhöht werden müsste, da sich durch die Auswirkungen des Krieges sowohl in Israel als auch bei den Palästinensern und ihren Unterstützern die jeweils eigenen Ideologien in den letzten Monaten nochmals verstärkt haben. Ein wirksamer Druck müsste jedoch konsequent und konsistenter sein, nicht zuletzt bei der Frage von Waffenlieferungen oder bzgl. einer wirtschaftlicher Unterstützung. Hier hat sicher derzeit die USA eine Schlüsselposition. Die Prämissen könnte man aber sicher ebenso auf die deutsche Nahostpolitik übertragen.

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