In einem Brief an den Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten der SPD, Martin Schulz, spricht sich der energiepolitischer Sprecher des SPD-Unterbezirks Ebersberg und Vorsitzende des SPD-Ortsverein Vaterstetten Sepp Mittermeier für eine progressivere Ausrichtung der zukünftigen Energiepolitik der SPD aus.
Im Folgenden der Brief im Wortlaut.
Lieber Martin,
wir haben uns sehr darüber gefreut, dass du als SPD-Kanzlerkandidat zur Bundestagswahl 2017 antrittst und du als Parteivorsitzender mit 100 Prozent Zustimmung gewählt worden bist.
Soziale Gerechtigkeit ist für dich ein zentrales Thema und du willst auch sinnvolle Korrekturen, wie beispielsweise im Bereich der Agenda 2010, vornehmen. Das ist vernünftige, ehrliche und auch überzeugende Politik.
Der Bereich Energie-, Klima- und Umweltpolitik hat sehr viel mit sozialer Gerechtigkeit zu tun und auch hier wurden in den letzten Jahren Fehler gemacht die korrigiert werden müssen. Die Folgen des Klimawandels treffen gerade die Ärmsten der Armen am aller heftigsten. Deshalb muss die Energiewende deutlich beschleunigt werden, um die im Pariser Klimaabkommen definierte 1,5-Grad-Marke auch wirklich einzuhalten.
Die EEG-Reformen 2014 und 2016 haben die Energiewende gebremst anstatt sie zu beschleunigen. So hat sich beispielsweise der Zubau im Bereich der Fotovoltaik von 7.600 MWpeak im Jahr 2012 auf 1.460 MWpaek im Jahr 2015 reduziert. Der gesetzlich definierte Ausbaukorridor mit einer definierten Obergrenze muss abgeschafft werden. Stattdessen müssen Mindestausbauziele definiert werden. Die Einspeisevergütungssätze sollten auf ein Niveau gebracht werden mit dem ein einigermaßen wirtschaftlicher Betrieb wieder möglich ist.
Durch die überhastete Umstellung von staatlich definierten Einspeisevergütungen für erneuerbaren Strom auf ein Ausschreibungsmodell muss mit einem erheblichen Einbruch, insbesondere beim Windenergieausbau, gerechnet werden. Für Bürgerenergiegenossenschaften ist das finanzielle Risiko zu hoch um sich an Ausschreibungen zu beteiligen. Die bisherigen Garanten der Energiewende, nämlich die Bürger dieses Landes, werden damit aus dem Markt gedrängt. Vielmehr wäre es notwendig, so wie im Koalitionsvertrag festgelegt, in einer genügend langen Pilotphase Erfahrungen zu sammeln und erst dann zu überprüfen, ob Ausschreibungen wirklich Sinn machen. Kleinere Projekte sollten, so wie es die De-Minimis-Regelung in den EU-Beihilfeleitlinien zulässt, von Ausschreibungen gänzlich ausgenommen werden.
Ob Ausschreibungen die Stromkosten in irgendeiner Form reduzieren können, ist sehr stark zu bezweifeln. Der Zubau von Windenergieanlagen an Land in einer Größenordnung von 1.000 MW, bei einem Einspeisevergütungssatz von etwa 8,5 Ct. pro kWh, würde sich lediglich mit dem verschwindend kleinen Betrag von 0,04 Ct. pro kWh auf die EEG-Umlage auswirken. Wie soll dann eigentlich ein im Zehntel-Cent-Bereich durch Ausschreibungen reduzierter Vergütungssatz eine kostendämpfende Wirkung zeigen?
Neben diesen notwendigen Änderungen im Detail muss die zukünftige Energiepolitik der SPD wieder progressiver ausgerichtet werden. Das von Hermann Scheer und Hans-Josef-Fell entwickelte und von der Rot-Grünen Bundesregierung 2001 eingeführte EEG hat eine ungeahnte Erfolgsgeschichte geschrieben, wurde von vielen Ländern kopiert und wurde zum entscheidenden Auslöser einer bisher durchaus erfolgreichen Energiewende in Deutschland. Daran muss die SPD wieder anknüpfen, um auch die Wähler, die sich im Bereich umweltfreundlicher (Energie-)Politik engagieren, zurück zu gewinnen. Diese haben sich in den letzten Jahren leider enttäuscht von uns abgewendet.
Nachdem wir auf Unterbezirks- und Ortsvereinsebene sehr gute Kontakte zu vielen Energiewendeakteuren haben und sich einige von uns auch intensiv z. B. in Arbeitskreisen und Energiegenossenschaften engagieren, haben wir einen Vorschlag zum Bundestagswahlprogramm erarbeitet. Darin sind aus unserer Sicht wichtige Punkte für das Wahlprogramm beschrieben. Wir haben diesen Vorschlag im Dezember 2016 an die Parteizentrale in Berlin geschickt. Die Reaktion darauf war eher mäßig. Sollten dich unsere Vorschläge überzeugen, würden wir uns sehr darüber freuen, wenn du dich dafür einsetzen könntest, dass unsere Ideen im Bundestagswahlprogramm berücksichtigt werden. Wir sind, insbesondere durch deine Kandidatur, hoch motiviert für den Wahlkampf. Um erfolgreich zu sein ist ein überzeugendes Programm allerdings eine der wichtigsten Voraussetzungen.
Wir haben uns in den vergangenen Jahren bereits intensiv im Bereich der Energiepolitik eingebracht. Im Anhang dazu unser Antrag zum EEG 2014 und unsere Resolution zum EEG 2016.
Mit freundschaftlichen, solidarischen Grüßen aus Bayern
Sepp Mittermeier
stellvertretender Vorsitzender und energiepolitischer Sprecher SPD-Unterbezirk Ebersberg
Vorsitzender SPD-Ortsverein Vaterstetten
Anhänge:
Antrag zur Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (PDF, 510 kB)
Resolution der SPD im Landkreis Ebersberg zum "Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2016)" (PDF, 248 kB)